Hunde und der Wettbewerb
Der Wettbewerb. Etwas, was nur uns Menschen auf den Leib geschneidert ist. Wir wollen uns untereinander messen, gucken, wer der Beste ist. Ganz besonders sieht man es im Hochleistungssport Skifahren. Fußball, Tennis und Formel 1 gehören ebenfalls dazu. Die Leute hocken vor der Glotze, grölen mit, werden fallweise sogar aggressiv, wenn der Kicker den Ball nicht richtig erwischt oder vielleicht ins Out geschossen hat. Diese Sportler verdienen keine schlampigen Summen und mir persönlich stellt sich dabei immer und immer wieder die Frage? Wofür??? Skifahrer hauen sich den Berg in Irrsinnsgeschwindigkeiten runter, bis der Berg mal wieder einen holt oder die Knie durch Stürze so fetzenhin sind, dass der Einzelne Sportler seinen Sport nicht mehr ausüben kann. Bei Tennis werden diese Spieler so lange an die Front getrieben, bis der Körper einfach nicht mehr kann. In der Formel 1 fahren Fahrer ein und dieselbe Runde x-Mal, um zu beweisen, wer der Beste und Schnellste ist und beim Fußball läuft man wie ein kranker Hund hinter einem Ball her, um ihn ins Tor zu schießen. Spiele. Wofür??? Niemand hat was davon, außer vielleicht die Sportler selbst und jene, die vor dem Fernseher oder auf der Tribüne sitzen. Das wars auch schon.
Allerdings sind das Sportarten, bei denen die Teilnehmer, Sportler, wer auch immer, selber entscheiden, was er sich da antut. Bricht sich jemand beim Skirennen die Beine, reißt sich die Bänder … Risiko, von dem jeder weiß und dennoch wird es gemacht. Überschlägt sich einer beim Formel 1 Rennen, ist das für die Zuschauer spannender den je, aber auch der Fahrer weiß, dass es ihn den Kragen kosten kann. Das ist das Risiko, welches Menschen aus freier Entscheidung eingehen.
Nach meiner Ansicht ist es wesentlich tragischer, wenn es um Tiere geht. Tiere haben kein Interesse an Wettbewerben. Sie wollen sich nicht zeigen, nicht beweisen, wer der Bessere, Schönere oder Schnellere ist. Sie haben völlig andere Intensionen und Ansichten, würden vieles vermutlich gar nicht mitmachen, weil es ihnen ungefähr so wurscht ist, als wenn in China ein Reissack umfällt. Tiere haben es nicht nötig, sich zu messen, wir Menschen nötigen sie dazu. Tiere haben auch kein großes Interesse an Geldgewinnen, an einem Pokal, an Sieg. Sie wissen nicht, was das ist, es juckt sie nicht, wenn der Besitzer vor lauter Freude in Ohnmacht fällt, den ersten Platz gewonnen zu haben. Tiere sind nicht interessiert an einem ersten, zweiten oder dritten Platz. Ihnen ist das Futter wichtig, welches sie in ihrer Futterschüssel vorfinden, der tägliche Spaziergang, etwas Abenteuer. Sie finden es spannend, hinter einem Hasen herzulaufen, Kollegen zu begrüßen, zu vögeln, wenn sich die Gelegenheit bietet und würden ein Leben ohne Ruhm und Glanz vermutlich dem Leben auf dem Stockerl vorziehen.
Seit es Rassehunde gibt, gibt es Ausstellungen. Dort erscheinen Menschen mit ihren Hunden, um herauszufinden, wer der Schönste ist … es heißt fachgerecht, welcher Hund dem Standard entspricht. Wer damit nichts am Hut an, wird sagen, naja, passiert ja nichts. Falsch. Dort passiert jede Menge. Hunde wurden früher gezüchtet, um einer Aufgabe nachzugehen. Jagdhunde waren für die Jagd gedacht. Jeder in seinem Bereich, den er brauchte. Meutehunde mussten sich gut verstehen und in der Meute führbar bleiben, wenn der Jäger hoch zu Roß losritt. Für Apportierhunde war es wichtig, dass sie das angeschossene Kleinwild eben suchten und schließlich apportierten. Sie schlüpften schnell mal ins Wasser und holten die tote Ente raus, brachten den Fasan oder das Kaninchen. Hütehunde hatten die Aufgabe, die Herde zusammenzutreiben und von A nach B zu bringen, ohne eines zu verlieren. Sie waren und sind auch heute noch unentbehrliche Helfer bei großen Herden. Suchhunde, das heißt, Hunde mit guten Nasen waren und sind immer noch gefragt, wenn es darum geht, etwas zu finden. Sei es eine Fährte, einen Gegenstand, ein verletztes Tier oder einen vermissten Menschen. Man benötigt das Hirn und die Cleverness dieser Hunde, damit sie ihren Job richtig verrichten und wir sind auch heute noch sehr angetan, dass es Rettungshunde, Servicehunde, Assistenzhunde und Blindenhunde gibt. Auch der Polizeihund muss seinem Job angepasst sein, denn ein Diensthund ist zuweilen hartem Druck ausgesetzt und muss diesen auch verkraften. Schlittenhunde hatten früher den Job, Schnee, Eis und Kälte zu trotzen und waren die einzige Möglichkeit, von A nach B zu kommen. Auch heute sind Eisexpeditionen ohne Schlittenhunde kaum denkbar. Windhunde waren Jäger auf Sicht, die mit unglaublicher Geschwindigkeit einem Hasen im freien Feld nachstellten. Der Job kleiner Luxushunde war wohl einzig, ihrem Besitzer zu gefallen und lieb zu sein. Fallweise wurden gewisse Luxushündchen auch für heilige gehalten, wie der Tibetanische Tempelhund.
Aber wenn die Wettbewerbslust des Menschen in Bewegung kommt, haben viele Hunde nur noch einen Job. Zu gewinnen, koste es was es wolle. Für Windhunde werden gerade in England harte Windhundrennen abgehalten. Wie viele Hunde sich bei diesen Rennen die Beine brechen und nach dem Rennen ihre Reise über den Regenbogen antreten, will niemand wissen. Wie viele schon früh erschlagen werden, weil sie den Kriterien eines Siegers nicht entsprechen, will auch niemand wissen. Wie viele in Tierheimen landen, weil sie eben keine Sieger sind, ist nur ansatzweise zu erahnen. Ein Hund, der nicht siegt, ist nichts wert. Viele, viel zu viele bleiben auf der Strecke, irgendwo eingesperrt, verschlossen oder werden anderweitig entsorgt.
Dank der Renn- und Siegeslust der Menschen sind Schlittenhunde nicht mehr für ihren ursprünglichen Job vorgesehen, sondern werden zu Rennhunden, die ewig lange Distanzen zurückzulegen haben. Das Yukon Quest Langstreckenrennen geht über 1600 km, zwischen Fairbanks und Whitehorse. Die Teams brauchen dafür 8 bis 10 Tage, was heißt, dass die Hunde Stunden und Stunden in eisiger Kälte nur unterwegs sind. Das Yukon Quest konkurriert mit dem Iditarod Langstreckenrennen, das als längstes Rennen der Welt gilt. 1850 km von Anchorage nach Nome. Der Streckenrekord liegt bei 8 Tagen und ein paar Stunden. Eine unglaubliche Leistung an das Team … aber … zu welchem Preis? Die Musher züchten ihre Hunde, meist Alaskan Huskys, eine Mischung aus Pointern, Jagdhunden, Windhunde und Nordlandhunde, genau weiß niemand, was da so alles drin ist, selbst und halten nicht etwa nur ein paar, sondern manche mehr als hundert Stück. Die leben immer draußen, angekettet mit einer Zweimeterkette an einen Galgen, damit sie sich nicht verwickeln. Als einziger Schutz vor den unwirklichen Bedingungen gibt es ein Faß oder eine Hütte, mit viel Glück, mit etwas Stroh ausgelegt. Hunde, die nicht gut genug sind, verlassen diese Kette nie, rennen stundenlang im Kreis, haben oft offene Pfoten und führen ein liederliches Dasein als Wesen, dass nicht die Leistung erbringt, damit der Mensch gewinnt. Viele Schlittenhunde werden Jahr für Jahr entsorgt, erschossen, irgendwo verscharrt, weil sie sich einfach nicht gut genug entwickeln und deren Musher sich die Arbeit nicht antun wollen, sie großzuziehen. Das Training selbst beginnt im Herbst (der in Alaska teils schon im August anfängt), wo die Hunde Stunden und Stunden zu laufen haben. Ja, sie laufen gerne, aber ob ein Hund diese Leistung von sich aus erbringen würde, ohne den Druck des Menschen sei dahingestellt. Sie brauchen die Kondition, um bei diesen Langstreckenrennen mithalten zu können, wo die Hunde, total erschöpft und ermüdet, auch wieder draußen nächtigen müssen. Natürlich wird vor und während des Rennens darauf geachtet, dass die Tiere in Topform sind. Öffentliche Quälerei kann sich keiner leisten, aber was hinter den Kulissen so alles abgeht, will wieder niemand wissen. Es ist bestimmt nicht würdig. Zwar sollte man nicht alle Musher in einen Topf werfen, denn es gibt natürlich auch unter den Mushern solche und solche. Aber im Grunde gilt der Gedanke des Gewinnens, denn viele Musher leben davon. Ob man diese Langstreckenrennen jetzt wirklich gut finden soll, ist so eine Sache. Ja, es sieht toll aus, wenn 16 Hunde losdüsen und mit Kraft und Willen über den Schnee donnern. Allerdings hat jedes Rennen einen bitteren Beigeschmack. Wer weiß, wie viele Hunde gehen mussten, damit das beste Team entsteht.
Genauso verhält es sich im allgemeinen Sport, der auch hierzulande betrieben wird. Menschen zerren ihre Dogs oft täglich auf den Hundeplatz, um das mit ihnen bis zum Abwinken zu trainieren, was sie dann bei der Prüfung oder im Wettbewerb können sollen. Ob es wirklich gut ist, junge Hunde im AG dauernd springen zu lassen, sie zu Geschwindigkeit anzutreiben, früh genug mit dem Schutzsport zu beginnen oder sie ständig und dauernd an die Fährte heranzuführen, sei auch mal überlegt. Wie viele Hunde dabei überfordert werden oder wo sich schon in jungen Jahren die ersten Schäden bemerkbar machen, weil ein Hund eben für manches nicht in der Form geschaffen ist, hmmmm. Aber der Mensch will gewinnen, deswegen werden manche Hunde bis an den Rand der Erschöpfung trainiert. Nicht alle, ganz klar, aber es gibt so ehrgeizige Menschen, die sind ständig dahinter, dass ihr Hund ja keine Fehler macht und merken nicht, wie sehr der Hund unter diesem Druck leidet.
Dazu kommen jetzt auch die Ausstellungen, wo nach Meinung vieler … eh nix passiert. Es muss ganz klar erwähnt werden, dass die Schönheitszucht von dem Geschmack eines Menschen (Richter) abhängt. Menschen sind aber fehleranfällig. Was dem einen gefällt, muss für den anderen noch lange nicht schön sein. Und dieses feilschen um Schönheit geht manchmal sehr eigene Wege, die für viele Hunde keinesfalls lustig sind.
Beispiel Bassethound:
Der Bassethound war ein Meutehund, der neben dem Pferd herlief und in der Meute losgeschickt worden ist. Dank der Schönheitszuchten ist der Hund heute schwerer als hoch, läuft auf verkrüppelten Beinen, hat kaum noch Bodenfreiheit und viel zu lange Ohren, die über den Boden schleifen, wenn er diesen mal senkt. Zudem besitzt er Triefaugen, die mehr Probleme mit sich bringen, als sein müsste. Wenn jemand behauptet, dass das noch ein Jagdhund ist, der seinen Job verrichten kann, der hat Tomaten auf den Augen.
Nehmen wir weiters den Pekingesen, oder bekannt unter Pekinese. Ein fröhlicher kleiner Luxushund, der früher nur im Kaiserhaus Chinas vorzufinden war. Irgendwann begann man ihm ein derart langes und dichtes Fell anzuzüchten, dass er sich selbst im Weg steht. Normale Spaziergänge sind kaum möglich, der Hund leidet bei Hitze, was ihn zum Stubenhocker macht. Jede Bewegung, jeder Schritt, selbst das Pinkeln gehen, wurde für diesen Hund eine Herausforderung. Immer noch Tomaten auf den Augen?
Weiters nehmen wir alle Rassen, die eine Schnauzenverkrümmung haben. Allein die Tatsache, dass solche Hund Atemprobleme haben, kaum Luft bekommen, nach jedem Sprint ein Beatmungsgerät brauchen, sollte einem doch zu denken geben. Diese Hunde leiden ihr gesamtes Leben unter Atemnot, schnarchen und legen sich auch fallweise platt auf den Boden, was manche Leute süß finden, aber eine Notkühlung des Hundes ist, weil er sich nicht mehr über die Atmung kühlen kann. Gerade bei der Französischen Bulldogge bestimmt ein von Menschen gemachter Standard, wie der Hund auszusehen hat. Ist es wirklich das, was man will? Und mit sowas nimmt man an Wettbewerben teil???
Man könnte beliebig lang fortfahren, den die Krankheit „Wettbewerb“ macht auch vor Pferden nicht halt. Rennpferde, die zweijährig (es sind noch halbe Babys) auf Hochleistung trainiert werden, damit sie gewinnen. (Wie viele draufgehen, steht ja nirgends)
Westernpferde, die dreijährige Futurity starten. Stellt sich die Frage, wann hat man begonnen diese Pferde zu trainieren und unter welchem Druck, damit sie saubere Stops, schnelle Spins und all die anderen Sachen zeigen können. Mit eineinhalb???
Im Dressursport nicht viel anders. Vierjährige, oft fünfjährige Pferde zeigen bereits Dinge, die es vielleicht erst mit zehn können sollte. Springpferde überspringen Hindernisse, die es, wenn es selbst entscheiden könnte, umgehen würde. Man erinnere sich an den Vorfall bei den Olympischen Spielen 2021, als die Deutsche Reiterin im Fünfkampf mit dem ihr zugeteilten Pferd nicht zurechtkam. Das Pferd verweigerte die Arbeit, zeigte deutlichen Stress. Es hat für einen Shitstorm gesorgt. Ein weiterer Fall, dass Tiere im Wettbewerb dem menschlichen Willen unterworfen sind.
Ich meine, es ist jetzt keine Schande an Wettbewerben teilzunehmen, aber wie man so schön sagt, die Dosis macht das Gift. Wenn Schlittenhunde Blut scheißen und Tierärzte darüber hinwegsehen, wenn Distanzpferde nach dem Lauf in der Klinik an Nierenversagen verenden, wenn sich Rennhunde durch Überlastung am Racetrack die Beine brechen, wenn man aus krankhafter Gewinnsucht, Tiere über ihre Belastungsgrenzen hinaus antreibt und sie entsorgt, wenn sie keine Leistung mehr erbringen, dann ist die Dosis des Gifts weit überschritten. Solange Menschen denken, dass Tiere nicht spüren, werden Tiere spüren, wenn Menschen nicht denken.
Manches wäre so leicht und sofort zu ändern, aber niemand macht es.